Digitale Bildung in der Kita.

Die Kita wird oft als „Nimmerland“ idealisiert, in dem sich Kinder abseits von allen Gefahren und Problemen entfalten können, digitale Medien haben hier nichts verloren. Jedoch ist die Digitalisierung ist ein Teil unserer Welt geworden. Gerade wenn es um die frühe Bildung geht, ruft sie aber oft Ängste bei Eltern und Pädagog:innen hervor. Wir sehen uns an woher sie kommen und wie wir sie entdämonisieren können.

Wo bleibt der Spaß?

Jede:r von uns kennt dieses unangenehme Gefühl beobachtet und überprüft zu werden. Wo bleibt denn da die Freiheit, wenn der digitale Schatten Pädagog:innen bis in den Morgenkreis verfolgt? „Digitale Tools machen nur dann Sinn, wenn sie mir tatsächlich helfen“, so Marion Hopfgartner von der Lelek-Akademie.

Die international tätige Reform- und Transformationspädagogin hat 2012 die TLI Pedagogics® begründet und verfolgt seither einen sehr offenen und experimentierfreudigen Weg bei der „Digitalisierung der Kita“.

Die Angst vor Kontrolle, so Marion Hopfgartner, kommt oft daher, dass Pädagog:innen negative Erfahrungen mit der Einführung von digitalen Hilfsmitteln in der Verwaltung gemacht haben und das Onboarding schlecht oder nicht vorhanden war. Daraus entsteht Frust. Wichtig bei der Einführung neuer Tools ist daher die Lust am Entdecken und die transparente Kommunikation, wem und wofür es helfen soll. Denn erst wenn wir Effekte wie Zeitersparnis in der Verwaltung, Verbindlichkeit oder weniger Missverständnisse mit den Eltern erleben, können wir Digitalisierung als Unterstützung wahrnehmen.

Bildungsauftrag versus Gefahr

Die digitale Mediennutzung ist laut einer Studie bei den allerjüngsten keine Seltenheit mehr. „Bereits 72 Prozent der Kinder zwischen 0 und 6 Jahren bzw. 81 Prozent der 3- bis 6- Jährigen nutzen diese (Digitale Medien, Anm.) zumindest gelegentlich selbst. Im Vergleich zu 2013 (41 %) ist damit in der Altersgruppe der 3- bis 6-Jährigen eine Verdoppelung festzustellen.“ (S 2; medienimpulse , Jg.58, Nr. 1, 2020)

Diese rasant steigende Nutzungszahl kann beängstigend wirken, zumal viele Fragen in Hinblick auf pädagogische Begleitung offen sind. Fest steht jedoch, dass Medienpädagogik in vielen Bildungsrahmenvereinbarungen in Deutschland und Österreich bereits Einzug gehalten hat.

„Informations- und Kommunikationstechnologien (digitale Medien) bestimmen den Alltag von Erwachsenen und Kindern und sind zu einem wichtigen Mittel gesellschaftlicher Partizipation geworden. Eine zeitgemäße elementare Bildung umfasst daher auch die Förderung kindlicher Medienkompetenz. Diese befähigt Kinder, unterschiedliche Medien zunehmend selbstgesteuert und kritisch zu nutzen. Die kreative Gestaltung von Medien sowie mit Medien ermöglicht es darüber hinaus, sich auszudrücken und eigene Produkte zu schaffen.“ (Auszug aus dem Bundesländerübergreifenden BildungsRahmenPlan für Österreich)

Allerdings ist der Spagat den Pädagog:innen hier leisten müssen, groß. Zum einen geht es darum, gesundheitliche Aspekte im frühkindlichen Alter bis 3 Jahre zu berücksichtigen, gleichzeitig soll ein spielerischer und offener Zugang zur Mediennutzung vermittelt werden.

Darüber hinaus ist die medienpädagogische Kompetenz im Team unterschiedlich verteilt und die Sensibilität von Erziehungsberechtigten mit diesem Thema ebenfalls sehr divers gelagert:

„Das Thema „Kinder und Medien“ wird in der Kita (Anm.) bei einem Drittel der Haupterzieher*innen gelegentlich und bei 33 Prozent selten auf Elternabenden oder in Elterngesprächen thematisiert. Mehr Beratung zum Thema Medienerziehung durch die Kita wünschen sich aber die Hälfte der befragten Eltern.“ Details zur Studie finden Sie hier.

„Wenn Kinder die Fische im Aquarium mit dem Finger heranzoomen, muss ich sie anders begleiten als Kinder, die fast keinen Kontakt zu digitalen Medien haben.“

Marion Hopfgartner verfolgt in ihren Kindergärten der Lelek Akademie einen offenen Umgang mit digitalen Medien und baut die Nutzung aktiv in die pädagogische Arbeit ein. So werden beispielsweise unbekannte Tiere, die in Geschichten vorkommen gemeinsam im Internet gesucht oder Bilderbücher mit Video-Material ergänzt und erfahrbar gemacht. Dabei wir genau darauf geachtet, dass es einfache und klare digitale Materialien sind, die hier verwendet werden. Emotionalisierende Videos mit schnellen Schnitten sind beispielsweise ein No-Go. Wichtig bei der digitalen Bildung in der Kita ist es jedoch, auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder zu achten, so Marion Hopfgartner. „Wenn Kinder Fische im Aquarium mit dem Finger heranzoomen, muss ich sie anders begleiten als Kinder, die fast keinen Kontakt zu digitalen Medien haben.“

Weg vom Schreibtisch hin zum Kind

Ein großer Bereich bei der Digitalisierung in der Kita betrifft die Verwaltung. Ziel jedes Digitalisierungsschritts muss hier sein, Pädagog:innen in der Verwaltungsarbeit zu entlasten damit mehr Zeit für das Wesentliche bleibt: Ihre pädagogische Arbeit. Dabei ist Marion Hopfgartner mit Ihrem Team neue Wege gegangen: Es gibt den expliziten Auftrag nach Lust und Laune zu probieren. Sei es durch digitale Umfragen für Schließzeiten, KI für die Dienstplangestaltung oder Prompts für das Verfassen von Protokollen nach Elterngesprächen. Ein fachlicher Review darf dabei natürlich nie fehlen, aber schon diese wertvolle Vorarbeit kann Kolleg:innen massiv entlasten. Rahmenbedingungen wie die DSGVO müssen trägerseitig gesichert sein. Apps wie KidsFox oder Sdui haben diese Standards zentral in ihrer Entwicklung integriert.

Elternmitarbeit

Die Medienpädagogik hat die Elternarbeit um ein Problemfeld bereichert, könnte man zynisch feststellen. Denn wie schon oben erwähnt ist Nutzung von digitalen Medien in der frühen Kindheit ein sehr kontroverses Thema. Durch Infoveranstaltungen in denen Eltern nicht nur über Handwerkliches wie die Nutzung von Kita-Apps informiert werden, sondern auch Raum für den Austausch zu den medienpädagogischen Ansätzen der Bildungseinrichtung haben, können viele Ängste und Konflikte vorweggenommen werden.
Denn: Bei aller Sehnsucht nach dem Nimmerland ist es wichtig auch an das tickende Krokodil zu denken, dass einen daran erinnert, dass selbst hier die Zeit nicht stehen geblieben ist.
Ein ausführliches Gespräch zum Thema Digitalisierung in der Kita mit Andreas Ebenhöh, Marion Hopfgartner und Andrea Thenner finden Sie hier.

Podcast zur Digitalisierung in der Kita

Ganz schön schlau, oder?

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